Seit diesem Sommer ist Lars Frauchiger Präsident des Fechtclubs Bern. Welche Ziele hat er für den Club? Was ist ihm wichtig? Wir trafen den neuen Präsidenten zum Interview.
Lars Frauchiger, was wird anders unter deiner Führung?
Wir machen natürlich nicht alles anders – aber einiges schon. Wir schreiben uns die Nachwuchsförderung gross auf die Fahne, denn wir wollen den Jungen die Möglichkeit geben, sich auch im Spitzensport zu etablieren. Sie sollen Freude am Sport haben, und wir unterstützen sie, wenn sie mehr machen und mehr erreichen wollen. Wir wollen sie begleiten – bis an die Spitze.
Welche Massnahmen habt ihr ergriffen, um die Jungen mehr zu fördern?
Als erste Massnahme haben wir den erfolgreichen Spitzenfechter Silvio Fernandez als zweiten Trainer engagiert. Er kommt bei den Jungen sehr gut an. Weiter haben wir mehr geführte Trainings organisiert. Wir versuchen, Gruppen zu formen, die gemeinsam trainieren und stärker werden. Wir veranstalten Trainingslager, drei pro Jahr.
Wir achten darauf, dass gerade die Jüngsten nicht vernachlässigt werden. Auch die Jungen unter acht oder zehn Jahren sollen Freude am Fechten bekommen und Anschluss haben. Wir wollen nicht jeden zum Spitzenfechter machen – aber wer Ambitionen hat und härter arbeiten will, den unterstützen wir dabei.
Was wird denn mit dem Nachwuchs alles so trainiert? Was hilft beim Fechten?
Wir setzen da auf einen ganzheitlichen Approach. Das Problem beim Fechten ist, dass die Bewegungen extrem komplex sind. Wenn man diese nicht immer wieder repetiert, verliert man sofort die Routine. Das ist ähnlich wie beim Kunstturnen. Deshalb ist es schwierig, mit polysportiven Sachen in die gleiche Richtung zu stossen.
Macht ihr auch Mentaltraining?
Bis jetzt nicht aktiv. Bei den Jungen ist es sehr schwierig, wenn sie sowieso noch Mühe haben mit der Technik und dann auch noch Mentaltraining machen sollen. Sie müssen schon ein gewisses Niveau haben, damit sich ein mentales Training lohnt. Der Verband hat einen Mentaltrainer, und die meisten Spitzenfechter arbeiten mit Mentaltrainern zusammen, aber irgendwo muss man Grenzen setzen. Da geht es auch um Priorisierung und Finanzen.
Welche Rolle spielt der Nachwuchs für den Club als Ganzes?
Man muss einfach klar sehen: Der Club stirbt, wenn er keinen Nachwuchs hat. Es braucht die Basis der Kleinen, damit oben etwas hängen bleibt. Ohne die geht es nicht. Man hat es gemerkt in den letzten paar Jahren, als der Nachwuchs eher zögerlich kam. Dann fehlt der Zusammenhalt, man hat keine jungen Leute, auch nicht in den Vorständen, niemand arbeitet mit.
Wenn die Kleinen kommen, dann schaut man zu denen, fördert und fordert. Und jeder Achtjährige ist später ein potenzielles Vorstandsmitglied. Das Ziel ist, die Jungen zu halten und einzubinden. Das gelingt uns nur, wenn wir zu ihnen schauen und mit ihnen arbeiten.
Welche Ziele hast du dir gesetzt?
Langfristig? Zwei Berner in der Nationalmannschaft. Und wenn möglich in jeder Kategorie Berner Teilnehmer, die in der Nationalmannschaft mitmachen können, sprich unter den ersten drei bis vier rangieren. Und aus dem heraus wieder ein Mannschaftsmeistertitel «Herren Degen». Das sind die sportlichen Ziele.
Die anderen betreffen das «Bien être» im Club. Damit soll auch der Freizeitfechter abgeholt werden. Ich möchte, dass sich die Mitglieder für einander engagieren und dass man miteinander in Kontakt bleibt. Wir wollen das Zusammengehörigkeitsgefühl fördern.
«Das Zusammengehörigkeitsgefühl fördern»: Gibt es dafür ein Rezept?
Es ist toll für den Club, wenn die Turnierfechter erfolgreich sind und «wir» eine Medaille gewonnen haben. Es stärkt aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühl, wenn einer der «Anciens» an einem Mittwoch mit einem Sechzehnjährigen die Klingen kreuzt. Das gibt den richtigen Mix. Es kann auch jeder an allen Trainings mitmachen, ungeachtet des Niveaus, sei es bei der Beinarbeit oder anderen geführten Trainings. Es soll für alle etwas dabei sein. Jeder soll nach seinen Möglichkeiten trainieren können.
Wie ist die Stimmung im Club, im Vorstand?
Im Vorstand sind wir jetzt eine extrem gute Crew. Es macht Spass, so zu arbeiten, und wir merken auch, dass eine neue Dynamik entstanden ist. Bei den Spitzenfechtern hat es Zulauf gegeben, gerade wegen Silvio Fernandez, der für uns natürlich ein Aushängeschild ist.
In den letzten zehn oder zwanzig Jahren hat man immer in ähnlichen Strukturen trainiert. Jetzt sind wir ganz intensiv daran, neue Strukturen zu schaffen, die auch dem Sport gerechter werden. Mehr Trainings für die Kleinen, Samstags-Trainings etc.
Hast du eine Vision für den Fechtclub Bern?
Wir wollen permanent auf allen Stufen Fechter ausbilden und betreuen. Wir wollen ein Club sein, der in Zukunft vielleicht sogar mit zwei bis drei Trainern mit verschiedenen Schwerpunkten das gesamte Potenzial ausnützen kann, das der Fechtsport bietet. Ein gesundes Wachstum mit einem Aufbau, das es jedem Fechter erlaubt, sich zu entwickeln.
Lars Frauchiger, vielen Dank für das Gespräch!
Lars Frauchiger, Dr. med. mit eigener Praxis, war während seiner aktiven Zeit als Fechter Mitglied des Kaders und hat im Weltcup gefochten. CH-Meister Team Junioren und Senioren. Medaillen Einzel und Mannschaft an den CH-Meisterschaften.